Externe ökologische und soziale Signale bestimmen die Phasen des zirkadianen Rhythmus. Das stärkste Signal ist dabei Tageslicht: Sonnenaufgang, Mittag und Sonnenuntergang sind die Eckpfeiler unserer biologischen Uhr – ein innerer Zeitplan, der Pflanzen, Tiere und Menschen gleichermaßen grundlegend beeinflusst.
Licht überlagert alle anderen Signale, die zur Regulierung des zirkadianen Rhythmus beitragen. Verantwortlich dafür sind sogenannte Ganglienzellen in der Netzhaut der Augen, die die Signale an den suprachiasmatischen Kern (der Teil im Hirn, der als “innere Uhr” bezeichnet wird) übertragen. Deine zirkadiane Uhr bestimmt aber viel mehr als nur dein Schlafverhalten. Sie wirkt sich auch auf viele innere Funktionen anderer Organen aus, einschließlich Appetit, Zellregeneration und Gehirnaktivität.
Auswirkungen von Licht
Lichteinwirkung kann tief greifende Auswirkungen auf den Schlaf haben. Wenn die Umgebung von Dunkelheit zu Tageslicht übergeht, neigt unser Gehirn dazu aufzuwachen, unabhängig davon, ob wir ausreichend Schlaf hatten oder nicht. Gleichzeitig lässt auch die Einwirkung von hellem Licht während des Tages den Schlaf in der nächsten Nacht tiefer und befriedigender werden.
Oft hört man, dass Sonnenschein glücklich macht und tatsächlich haben psychologische Tests positive Auswirkungen des Tageslichts gefunden. Die Lichteinwirkung während des Tages hält dein Energieniveau hoch, verbessert deine Stimmung und die kognitive Leistungsfähigkeit. Allein durch nur eine Stunde Sonnenlicht am Tag entsteht dieser Effekt.
Untersuchungen mit der Hirnbildgebung beweisen, dass Gehirne bei vollem Bewusstsein aktiver sind, wenn das Umgebungslicht hell ist. Selbst wenn wir grelles Licht als störend empfinden, sind wir in einer gut ausgeleuchteten Umgebung geistig schneller und agiler.
Eine Studie über Menschen die in Bürogebäuden arbeiten ergab, dass diejenigen, die in fensterloser Umgebung arbeiten, tendenziell schlechter Schlafen als diejenigen, die während des Arbeitstages genug Sonne abbekommen.
Künstliches Licht und Schlaf
Das Sonnenlicht ist jedoch nicht die einzige Art von Licht, dem unsere Augen begegnen. Dank künstlicher Beleuchtung setzen wir die Netzhaut mehr Licht aus als jemals zuvor, egal ob Tag oder Nacht. Diese Signale verwirren den Körper, der nicht mehr genau weiß, wann er schlafen oder wach sein sollte. Deswegen kann künstliches Licht verheerende Auswirkungen auf deinen Schlaf haben.
Lux ist eine Einheit zur Messung von Lichtintensität, die sowohl Helligkeit als auch Entfernung berücksichtigt. Um eine Vorstellung davon zu erhalten, wie stark künstliches Licht im Vergleich zum natürlichen Nachtlicht (Mondschein) ist, haben wir folgende Grafik zusammengestellt:
Beleuchtungsstärke verschiedener Lichtquellen (in Lux)
Sonnenstrahlen: 32.000 bis 130.000 lux
Teilweise bewölkter Sonnentag: 20.480 lux
Bewölkter Tag oder Schatten: 10.240 lux
Studioleuchte: 1.000 lux
Büro mit Fenstern: 640 lux
Leuchtstoffröhre: 320 lux
Straßenleuchten: 320 lux
Dunkle Lichtflächen: 160 lux
Wohnraumbeleuchtung: 80 lux
Dämmerung: 3.4 lux
Vollmond: 1 lux
Selbst ein stark bewölkter Tag ist mehr als zehnmal so stark wie die Beleuchtung von Innenräumen. Andererseits zeigt der Vergleich des Lux von künstlichem Innenlicht mit dem eines Vollmonds, warum künstliches Licht unsere Einschlaffähigkeit beeinträchtigt. Künstliches Licht ist hundertmal heller als nächtliche Dunkelheit und signalisiert unserem Körper einen anhaltenden Wachzustand.
Eingeschaltetes Licht während des Schlafens kann den Melatoninspiegel um bis zu 85 % senken, so eine Studie aus dem Jahr 2011.
Besonders empfindlich sind unsere Augen gegenüber blauem Licht elektronischer Bildschirme (Fernseher, Computer, Mobiltelefone, E-Reader) und energieeffizienten LED- und Leuchtstoffröhren.
Blaues Licht und Schlaf
Die Wellenlängen des blauen Lichts im Sonnenlicht sind maßgeblich für die Regulation des zirkadianen Rhythmus. Licht dieser Wellenlängen ist in künstlichem Licht ebenfalls vorhanden. Wenn der Körper merkt, dass weniger oder kein blaues Licht mehr auf die Netzhaut fällt, deutet er dies als Signal schlafen zu gehen. Bestrahlung durch blaues Licht von Bildschirmen kann diesen Prozess verzögern und die Freisetzung der richtigen Melatoninmenge verhindern.
Blaues Licht von Smartphones und Tablets
Wenn du fernsiehst, ein E-Book auf dem Tablett liest oder Social Media auf dem Handy checkst, macht es das blaue Licht schwerer ein- und durchzuschlafen. Infolgedessen können Tief– und REM-Schlaf verpasst oder verkürzt werden, was zu einem Schlafmangel führt.
Wo begegnen wir blauem Licht?
- Smartphones
- Tablets
- Flachbildfernseher
- Computerbildschirme
- E-Reader
- Fluoreszenz- und LED-Beleuchtung
Hersteller haben Methoden entwickelt, um das von diesen Geräten abgegebene blaue Licht zu reduzieren. Viele Laptops, Smartphones und Tablets bieten jetzt eine Blaulichtschutzfunktion, die das blaue Licht aus dem Gerät herausfiltert. Das Ergebnis ist ein rötlicher Bildschirmton, der stärker mit dem langwelligen, roten Licht beleuchtet wird, das für die Netzhaut weniger anregend ist. Diese Funktion wird beispielsweise auf Apple-Geräten als “Nachtmodus” bezeichnet.
Blau-blockierende Brille
Forscher der Harvard University fanden heraus, dass blaues Licht die Melatoninproduktion unterdrückt und den zirkadianen Rhythmus um den Faktor zwei verschiebt, verglichen mit grünem Licht gleicher Helligkeit. Glücklicherweise gibt es eine Lösung: eine Blaulicht-Filter-Brille mit gelben Gläsern, die blaues Licht herausfiltern.
Eine Studie aus dem Jahr 2005 untersuchte die Wirkung von hellem Licht, schwachem Licht und die Auswirkung der blau blockierenden Brille auf die Melatoninproduktion in der Nachtschicht. Die folgende Grafik zeigt, wie das helle Licht die Melatoninproduktion fast vollständig gestoppt hat. Das Tragen einer blau-blockierenden Brille hingegen half, fast ebenso viel Melatonin zu produzieren wie diejenigen, die nur schwachem Licht ausgesetzt waren.
Im Jahr 2013 fanden Forscher der Toronto University heraus, dass Nachtschichtarbeiter, die eine Blaulicht-Filter-Brille trugen, mehr Melatonin produzierten als diejenigen, die keine trugen. Diese Brille kann für Menschen von Vorteil sein, die den ganzen Tag vor dem Computerbildschirm arbeiten oder die gerne ein E-Book vor dem Schlafengehen lesen. Sie können bis zu 60 Prozent des blauen Lichts herausfiltern.
Die Studie zeigt, dass das Blockieren blauer Wellenlängen die Unterdrückung von Melatonin verhindert.
Störungen des zirkadianen Rhythmus
Wenn die innere Uhr des Körpers nicht mit der äußeren Umgebung synchronisiert ist, kann sich eine Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörung entwickeln. Die Erkrankung kann aus einem vorübergehenden Zustand (Jetlag), wechselnder Arbeitsschichten (Schichtarbeitersyndrom) oder einem biologischen Zustand (Blindheit) resultieren.
Menschen mit zirkadianen Rhythmusstörungen leiden unter Schlaflosigkeit, übermäßiger Tagesschläfrigkeit und ungewöhnlichen Schlafmustern, die ihr Leben und ihre Beziehungen sowie ihre kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Zu den Störungen des zirkadianen Rhythmus gehören:
- Verzögertes Schlafphasensyndrom
- Fortgeschrittenes Schlafphasensyndrom
- Jetlag
- Schichtarbeitersyndrom
- Freilaufende Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörung
- Unregelmäßige Schlaf-Wach-Störung
Menschen, die an zirkadianen Rhythmusstörungen leiden, verwenden oft Lichttherapie, Melatonin und Medikamente, um die Symptome zu behandeln. Nachtschichtarbeit und Lichteinwirkung bei Nacht sind mit erhöhten Risiko von Brustkrebs, Herzerkrankungen, Fettleibigkeit und Prostatakrebs verbunden. Ursache könnte die durch das Licht verminderte Melatoninproduktion sein – der Hormonschlüssel zur Regulierung des Schlaf-Wach-Zyklus.
Lichttherapie
Die Lichttherapie wird bei Menschen mit zirkadianen Störungen, saisonalen affektiven Störungen oder Jetlag eingesetzt. Obwohl Experten der Meinung sind, dass das Sonnenlicht im Freien effektiver ist als Leuchttische, kann das künstliche Licht (wenn es hell genug ist) bei Bedarf nützlich sein.
Bei der Lichttherapie handelt es sich um helles weißes Kunstlicht (manchmal blau getönt), das bis zu 10.000 Lux erzeugt. Ziel ist es, das natürliche Sonnenlicht nachzuahmen. 30 Minuten unter starker Beleuchtung können bei Beschwerden bereits einen deutlichen Unterschied machen.
Mit der Lichttherapie kann man Nachtschwärmern helfen, morgens schneller aufzuwachen, und Frühaufstehern später am Tag wach zu bleiben.
Menschen, die im Winter in der Antarktis leben, entwickeln oft ein verzögertes Schlafphasensyndrom oder eine freilaufende Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, bedingt durch einen starken Mangel an Sonnenlicht. Die Exposition gegenüber hellem künstlichem, blau gefärbten Licht, hat gezeigt, dass es den Betroffenen hilft, ihren zirkadianen Rhythmus zu normalisieren.
Steuerung der Lichteinwirkung zur Verbesserung der Schlafqualität
Es gibt einige Richtlinien der Schlafhygiene, die man befolgen sollte, um die persönliche Schlafqualität zu verbessern und den zirkadianen Rhythmus mit der Außenwelt synchron zu halten:
1. Gehe tagsüber nach draußen
Der Kontrast zwischen Sonnenlicht und Dunkelheit ist wichtig, damit das Gehirn weiß, wann es Zeit ist schlafen zu gehen. Selbst hell erleuchtete Innenräume wie Bürogebäude und Fitnessstudios sind im Vergleich zum Außenbereich schwach und nicht ausreichend.
2. Halte das Schlafzimmer dunkel
Wenn du keine Rollos hast, kannst du Augenmasken oder dichte Vorhänge verwenden. Schalte alle digitalen Geräte im Schlafzimmer aus. Am besten hast du gar keine digitalen Geräte im Schlafzimmer.
3. Kein blaues Licht spätestens 60 Minuten vor dem Schlafengehen
Versuche vor dem Schlafengehen ein Buch zu lesen oder zu meditieren, anstatt fernzusehen oder nutze eine Filter-Brille. Bei Kindern, die Angst vor der Dunkelheit haben und ein Nachtlicht benötigen, sollten ein rotes oder orangefarbenes Licht verwendet werden.